Erinnerungswürdig

Lost Places haben ja nicht nur optisch eine gewisse Anziehungskraft auf mich. Die Geschichten, die dahinter stehen, sind oftmals ebenso interessant wie die zurückgebliebenen Mauersteine, Möbel oder Maschinen. Auf der Rückfahrt von einer erfolgreichen Urbex-Tour kamen wir in Bad Wildbad zufällig an einem sehr alten Gebäude vorbei, drumherum ein aufgebrochener Bauzaun. Da man an dieser Stelle nicht halten konnte, bin ich nur kurz aus dem Auto gesprungen und habe notdürftig Fotos mit dem Handy gemacht. Die Scheiben des Gebäudes waren größtenteils eingeworfen, vermoderter Geruch war allgegenwärtig und doch erkannte man noch ganz genau den Glanz der Vergangenheit. Im Internet konnte ich nach ausgiebiger Recherche folgendes herausfinden:
Im Jahr 1931 erwarb der Jude Aurel Radovitz (1875-1942) das Hotel am Kurgarten (davor hieß es Hotel Bristol) und führte dieses bis 1937. Da ihm verboten wurde, in seinem „jüdischen“ Hotel „deutschblütiges“weibliches Personal unter 45 Jahren zu beschäftigen, zog er mit seiner „arischen“ Frau nach Enzklösterle. 1941 verkaufte seine Frau das Hotel. 1942 wurde Aurel Radovitz verhaftet und ins KZ nach Auschwitz deportiert, wo er einen Monat später an „Altersschwäche“ starb. Seine Frau blieb in Enzklösterle und starb 1952.

Es ist nicht viel, aber man sieht das Gebäude mit ganz anderen Augen und fragt sich, warum die Stadt Wildbad nichts gegen den Verfall und für die Erhaltung tut. Der gegenwärtige Eigentümer konnte ich nicht herausfinden. Aber so wie es aussieht, werden die Gebäude bald abgerissen….

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